5 Dinge, die uns an der Uhrenindustrie nerven

By Montredo in Lifestyle
September 2, 2020
5 Dinge, die uns an der Uhrenindustrie nerven

Natürlich sind wir große Fans der Uhrenindustrie und all ihrer Beteiligten, so viel vorweg. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass wir alles befürworten, was dort so vor sich geht. Im Laufe der Jahre haben sich einige gängige Praktiken und Gewohnheiten herauskristallisiert, bei denen sich uns regelmäßig die Nackenhaare aufstellen.

Ohne Namen zu nennen – was in vielen Fällen ohnehin nicht notwendig ist – präsentieren wir euch fünf Dinge, die uns in der Uhrenindustrie nerven.

5. Limitierte Editionen-Farce

Manche Uhrenmarken sind dafür bekannt, mehrere Limitierte Editionen pro Jahr auf den Markt zu bringen. Während sie dies tun, gaukeln sie Exklusivität vor, die faktisch aber nicht existiert. In unserem Artikel Selten, wertstabil und wo bleibt der Stil? gehen wir diesem Phänomen näher auf den Grund.

4. Kickstarter-Revolution

„Wir revolutionieren der Uhrenmarkt, indem wir den Mittelsmann umgehen und die Uhr für den Bruchteil des Preises vergleichbarer Uhren direkt an dich verkaufen“, das hat sicher jeder von uns schon einmal gelesen.

Soll das heißen, dass wir keine Fans von Kickstarter-Microbrands sind? Auf gar keinen Fall, das Gegenteil ist der Fall. Was allerdings auf Dauer ermüdend ist, sind die immer gleichen Formulierungen, warum die eigene Uhr es schafft, bei der gebotenen Qualität so günstig zu sein (und ganz nebenbei eine ganze, jahrhundertalte Tradition auf den Kopf stellt).

3. Inhouse-Täuschung

Der Ausdruck „Inhouse-Kaliber“ ist äußerst vage, denn niemand weiß genau, wie viele Komponenten der Uhr denn eigentlich aus dem eigenen Hause stammen müssen. Da der Ausdruck – im Gegensatz zu Swiss Made z.B. – nicht offiziell definiert ist, legen ihn Uhrenmarken oft nach ganz eigenen Kriterien aus. Anstatt das Kind beim Namen zu nennen, wird so unter dem Deckmantel eines neuen Kalibernamens der Eindruck vermittelt, es handele sich bei dem verbauten Uhrwerk um eine hochwertige Eigenentwicklung. Tatsächlich verbaut ist meist jedoch bloß ein Standard-Kaliber von der Stange (ETA 2824, Sellita SW200, Miyota 9015 etc.), bei dem minimale Modifikationen vorgenommen wurden. Eine gebläute Schraube hier und ein maßgefertigter Rotor da, fertig ist die Laube!

Warum ein Inhouse-Kaliber für die meisten Uhrenmarken unrealistisch ist, zeigt das Beispiel der Glashütter Uhrenmanufaktur NOMOS Glashütte. Allein die Entwicklung des “NOMOS-Swing-Systems”, also der hauseigenen Hemmungsgruppe mit Unruh und Anker, dauerte zusammen mit der TU Dresden sieben Jahre und verschlang rund 15 Millionen Euro. Ein Mehraufwand, den sich nur die wenigsten Uhrenmarken mit vorgeblichen Inhouse-Kalibern leisten können bzw. wollen.

2. Kollektionen-Ideenarmut

Zu Land, zu Wasser und in der Luft – und für jedes Terrain eine eigene Kollektion. Auch wenn die Aufteilung zugegebenermaßen naheliegt, sind die Leitmotive immer dieselben, was wiederum in unzähligen fast ähnlich klingenden Kollektion resultiert. Dafür nehme man einfach das entsprechende Element in Kombination mit einem abenteuerlichen Wort und schon hat man einen stimmigen Namen. Sea Quest, Mountain Conqueror oder Aero Flash wären z.B. noch verfügbar.

Interessant wären hingegen mehr Grenzgänger und Exoten unter den Neuvorstellungen. Damit meinen wir keine Vintage-Heritage-Neuauflagen, sondern Uhrenkollektionen mit Namen und Einsatzgebieten abseits des Mainstreams.

1. Komponenten-Überanpreisung

Antikorrosiver 316L-Edelstahl in chirurgischer Qualität und ein Saphirglas, dessen Härte nur von Diamanten übertrumpft werden kann. Dazu ein zuverlässiges Schweizer „Workhorse“-Kaliber sowie ein hochwertiges gegerbtes Armband mit unvergleichlichem Tragekomfort und fertig ist die Luxusuhr.

Wenn es doch nur so einfach wäre. Während Uhrenmarken bei den Kollektionen oft die Ideen ausgehen, werden sie umso kreativer, wenn es um die Beschreibung trivialster Dinge geht. In blumiger Sprache werden Uhrenkomponenten angepriesen, die im Einkauf nur wenige Euros kosten und bereits bei mechanischen Uhren im mittleren, zweistelligen Preissegment aus Fernost zum Einsatz kommen.


Habt ihr auch Punkte, die euch in der Uhrenindustrie bitter aufstoßen? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.


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Vorherige Kommentare (5)

  1. Stimme voll und ganz mit sämtlichen Punkten überein. Super nervig finde ich auch die B-Promi “Testimonials”. Irgendwelche unbekannten Segler, Taucher, Radfahrer, etc. die keine Sau kennt. Nur damit man halt irgendeinen “Brand Ambassador” hat den man sich leisten kann. Geht gar nicht!

    September 2, 2020
  2. sehr treffend … was mich Kopfschütteln macht -und gleichzeitig den “Nichtkauf” auslöst- ist z.B. wenn ein Hersteller eine neue tolle Uhr lanciert, im schon mittleren 4-stelligen Bereich und man liest dann, dass ein Werk “elaboré” verbaut wird. Das ist bei ETA ja die zweit-billigste Variante von Vieren … passt nicht zusammen.

    September 3, 2020
  3. Aufgrund meiner Anfrage bei einem Rolex-Konzi nach einer Sea-Dweller, bekam ich eine Mail-Antwort, in der unter anderem folgender Text, wg. der erhöhten Nachfrage und der langen Lieferzeiten ( Begründung ) vorkam:

    Bezüglich der Liefersituation des von Ihnen angefragten Modelles Sea-Dweller mit der Referenz 126600, möchten wir Ihnen gerne folgende Informationen geben:

    Rolex Oyster Perpetual Modelle vereinen die herausragenden Eigenschaften, die den Ruf von Rolex begründen. Hierzu zählen Präzision, Wasserdichtigkeit und die einzigartige Qualität aller Materialien und Komponenten einer Oyster, wie zum Beispiel auch der automatische Selbstaufzug des Uhrwerks.

    Jede Rolex Oyster wird zu 100 % in der Schweiz gefertigt, enthält ein vom offiziellen Schweizer Prüfinstitut Contrôle Officiel Suisse des Chronomètres (COSC) zertifiziertes Uhrwerk und ist ein Rolex „Chronometer der Superlative“. Für alle Rolex Oyster Modelle gilt darüber hinaus eine Garantie von fünf Jahren.

    Diese angepriesenen Eigenschaften, eigentlich bei jeder besseren Uhr eine Selbstverständlichkeit………..

    Peinlich!

    September 5, 2020
  4. Neuvorstellungen von Rolex. Gerade brandaktuell: Minimalste Anpassungen im Design und fertige ist die neue Uhr.

    September 6, 2020
  5. Vorgetäuschter Umweltschutz. Luxus und Umweltschutz sind nunmal nicht immer unter einen Hut zu bringen, so ist das nunmal, sei es nun bei Rennautos, Yachten, oder Uhren. Viele Uhrenmarken aber ziehen sich ein Projekt an der Haaren herbei und blasen es medienwirksam auf, das kaufe ich denen nicht ab.

    Oktober 9, 2020

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