“Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann.”
– Antoine de Saint-Exupery
Jeder, der sich mit Uhren beschäftigt, wird früher oder später über den Ausdruck „Bauhaus-Uhren“ stolpern. Heutzutage oftmals, wenn auch fälschlicherweise, als Synonym für minimalistische Uhren-Designs aller Art benutzt, steht der Ausdruck im Kern für eine einflussreiche Design-Schule, die trotz ihres 100-jährigen Bestehens bis heute keinen Deut an Relevanz verloren hat.
Aber spulen wir zuerst 100 Jahre zurück: Das Staatliche Bauhaus – allgemein besser bekannt als Bauhaus – wird im Jahre 1919 durch den Berliner Architekten Walter Gropius in Weimar ins Leben gerufen. Gropius hatte eine fast schon utopisch anmutende Vision: Alle Bereiche von Kunst und Design sollten zu einem nahtlosen, harmonischen Ganzen verschmelzen, indem ein „Gesamtkunstwerk“ geschaffen wird, das in der Lage ist, alle Künste ganzheitlich zusammenzuführen.
Dabei wurde einem besonderen Leitsatz ganz besondere Tragweite zuteil: „Form follows function.“ Dieser heutzutage fast schon für selbstverständlich empfundene Denkansatz sollte die zugrundeliegende Philosophie hinter Gropius’ Anstrengungen werden, die besagt, dass einfache aber elegante geometrische Formen primär mit Hinblick auf ihre beabsichtigte Funktion oder Zweck entworfen werden sollen (und nicht andersherum).
Diese später als „Bauhaus“ betitelte Strömung entwickelte sich zu einer äußerst einflussreichen Gestaltungsidee des modernen Designs, der modernistischen Architektur und Kunst, des Designs und der Architekturausbildung, die sich im Laufe der Jahrzehnte weit über die deutschen Landesgrenzen hinweg ausbreiten sollte. Das Bauhaus hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die weiteren Entwicklungen in Kunst, Architektur, Grafikdesign, Innenarchitektur und nicht zuletzt die Uhrenindustrie.
Insbesondere letztere fand schnell Gefallen an der unprätentiösen Formsprache, die sich ebenso perfekt auf Uhren anwenden ließ. Getreu der „less is more“-Philosophie sind Bauhaus-inspirierte Uhren heutzutage wahre Allround-Talente: Simpel genug für den tagtäglichen Gebrauch aber durch ihr minimalistisches Design dennoch elegant genug für formale Anlässe. Bauhaus-Uhren zeichnen sich dabei durch den Wegfall irrelevanter Details wie verspielter Schriften, auf das wesentliche reduzierte Gehäuse sowie filigrane Zeiger und Indexe aus.
Bereits in den 1920er und 30er-Jahren erblickten in Pforzheim, neben Glashütte wohl Deutschlands prestigeträchtigster Uhrenstadt mit weit zurückreichender Historie, die ersten Zifferblätter im Bauhaus-Design von Weber & Baral das Licht der Welt. Aus der Fabrik unter der Leitung von Arthur Weber, einst dem größten Zifferblatthersteller der Welt, stammte auch eines die ersten Zifferblätter, welches die heute so unverkennbaren Bauhaus-Charakteristiken trug. Produziert wurde dieses u.a. für Marken wie A. Lange & Söhne, wie die folgende auf ca. 1937 datierte Uhr belegt, die als eine der ersten Bauhaus-Uhren gilt.
Kritiker werden sagen „alter Wein in neuen Schläuchen“ aber die Popularität eben jenes Designs erfreut sich nach wie vor einer ungebrochenen Beliebtheit und veranlasst immer noch viele renommierte Uhrenmarken zu entsprechenden Designs.
Junghans ist aus der deutschen Uhrenwelt mit seiner sagenumwobenen Max Bill-Kollektion (siehe hier) nicht mehr wegzudenken. Bauhausschüler und Künstler Max Bill erhielt Mitte der 1950er-Jahre von Junghans den Auftrag für eine neue Uhr. Den Anfang machte zuvor jedoch 1956 eine Küchenuhr als Wegbereiter, bis schließlich im Jahre 1961 die heute legendäre Junghans Max Bill offiziell lanciert wurde.
Mit der wieder aufgelegten Serie „Max Bill by Junghans“ begann 1997 endgültig der weltweite Siegeszug der Kollektion, die es inzwischen schon bis in die heiligen Hallen des „Museum of Modern Art“-Geschäftes in New York schaffte. 2018 unterzog sich die Kollektion einem weiteren Facelift und wurde von Junghans unter dem Namen „Max Bill Mega“ mit Funkuhrentechnologie ausgestattet.
Wenn es um deutsche Uhrenmarken mit einer Affinität für Bauhaus-Designs geht, führt wohl auch kein Weg an NOMOS Glashütte vorbei. Wenngleich die Marke oftmals im gleichen Atemzug mit der Weimarer Design-Schule genannt wird, hat sie streng genommen keinerlei Aktien in der ursprünglicheren Herstellung besagter Uhren. Wie auch, wenn sie erst knapp 70 Jahre später gegründet wurde?
Jedoch muss man wohlwollend anerkennen, dass die Marke eine federführende Rolle in der Wiederbelebung des Bauhauses eingenommen hat. Seit der Gründung 1990 durch Roland Schwertner, also unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung, wurde die Marke weltbekannt für ihre Bauhaus’schen Uhren à la Tangente. Nicht ohne Grund trägt sie den inoffiziellen Beinahmen „Bauhausuhr“. Auch anlässlich des 100. Jahrestages ließ es sich die Glashütter Uhrenmanufaktur nicht nehmen, eine limitierte Tangente-Sonderedition zu Ehren des Bauhauses zu veröffentlichen. Verfügbar in drei Größen von 33 bis 38mm und, wie sollte es anders sein, limitiert auf jeweils 100 Exemplare.
Fans von Bauhaus-Uhren werden in Deutschland aber auch abseits des Mainstreams fündig, denn mit Marken wie Stowa, Aristo, Braun und Defakto – die unzähligen wie Pilze aus dem Boden schießenden Microbrands bewusst außer Acht gelassen – ist das Land das reinste Bauhaus-Mekka. Bei genauerer Betrachtung von Entwürfen einiger Weltmarken, wie der mit dem angebissenen Apfel oder dem Möbelhaus aus dem Land der Köttbullar, wird allerdings schnell deutlich, dass die Designschule auch abseits deutscher Landesgrenzen begeisterte Anhänger hat.
Eine deutsche Designschule geht um die Welt.
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Schöner Artikel. Besitze selber eine Nomos und liebe sie abgöttisch, eine Tangente kann man auch in 100 Jahren noch tragen.
Eine Design-Strömung, auf die Deutschland zurecht stolz sein sollte. Wie der letzte Abschnittschon sagt: Apple-Produkte sähen heute sicherlich anders aus, hätte es Gropius nicht gegeben.
Für mich ist auch Nomos der große Gewinner hier. Das Max Bill-Design ist zwar super, aber der Aufzug (bei der Automatik) hört sich gruselig laut an. Da legt Nomos mit der Quali einfach noch ne Schippe drauf. 👍
Schön, dass Stowa am Ende noch genannt wird. Finde die Marke echt phänomenal.
Super Designs aus Deutschland, perfekte Qualität und wirklich faire Preise.