28.800 Halbschwingungen pro Stunde, also 28.800 A/h (für Amplitude pro Stunde), gelten heutzutage gewissermaßen als Standard unter Kalibern in höherwertigen Armbanduhren. Diese Schlagzahl entspricht dabei einer Frequenz von 4 Hertz (Hz), was sich wiederum in 8 Ticks des Sekundenzeigers pro Sekunde widerspiegelt – oder eben halt 28.800 pro Stunde.
Darauf folgen Uhren mit einer Frequenz von 36.000 A/h (oder 5 Hz), die im Volksmund bereits unter der Kategorie „Schnellschwinger“ laufen. Bekannte Vertreter sind sicherlich Grand Seikos Hi-Beat-Modelle sowie Zeniths El Primero-Chronographen. Was jedoch, wenn diese Uhren eigentlich alles andere als schnell sind?
Wir haben daher sieben Uhren für dich zusammengestellt, die bis zu 200 Mal schneller ticken als die bereits hochfrequenten 5 Hz-Uhren.
Ohne allzu sehr in eine technisch anspruchsvolle Erklärung abdriften zu wollen, bietet sich an dieser Stelle dennoch eine kurze technische Einordnung an. Grundsätzlich kann man nämlich sagen, dass die Wahl der Frequenz am Endes des Tages eine Abwägung zwischen Gangdauer und Gangstabilität/Gangpräzision ist. Je schneller die Uhr tickt, also je flüssiger der Sekundenzeiger über das Zifferblatt gleitet, desto höher ist in der Theorie die Ganggenauigkeit. Dieser Kraftakt hat allerdings seinen Preis, sodass Schnelltakter in der Regel eine kürze Gangreserve aufweisen als ihre langsam tickenden Mitspieler.
Auch in der Uhrenindustrie bestätigt die Ausnahme jedoch nur allzu gerne die Regel, wie folgende innovative Uhrenmarken beweisen.
Den Anfang macht die 2012 eingeführte Chopard L.U.C 8HF. Diese verrichtet mit 57.600 A/h ihre Arbeit, also „doppelt so schnell“ wie beispielsweise ein ETA 2824, und kommt dennoch auf eine respektable Gangreserve von 60 Stunden. Durch die Verwendung von Silizium für Hemmungsrad und Anker wird zudem einer erhöhten Abnutzung durch exzessive Reibung entgegengewirkt.
Wo auch immer Uhren an ihre Grenzen getrieben werden, ist Breguet nicht weit. Mit dem Modell Classique Chronométrie 7727 bietet die Traditionsmarke eine Uhr mit Hochfrequenz-Hemmung, die aus einer magnetisch gelagerten Unruh (zur Reibungsminimierung) mit doppelter Spirale besteht. Anker und Hemmungsrad sind, wie bereits bei der Chopard L.U.C 8HF, aus Silizium gefertigt. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Frequenz von 10 Hz (bzw. 72.000 A/h) bei einer Gangautonomie von 60 Stunden.
Die Formel zum Umrechnen von Hz zu A/h lautet übrigens: (Hz*2)*3600.
Louis Moinet war nicht nur ein enger Freund von Abraham Louis Breguet, sondern selber auch ein begnadeter Uhrmacher. Er entwickelte im Jahr 1815 nämlich den ersten Chronographen der Welt, den er auf den Namen Compteur de Tierces taufte. Dieser arbeitete mit einer Frequenz von wahnsinnigen 30 Hz. Moinet gilt daher bis heute zurecht als “Vater der Hochfrequenz-Zeitmessung”.
Die ganze Geschichte zum Nachlesen und exklusives Videomaterial gibt es zudem hier: Zu Besuch bei Louis Moinet in der Schweiz.
Als der Physiker Guy Sémon die Leitung der Forschung- und Entwicklungs-Abteilung der LVMH Watch Division übernahm, wollte er die Uhren TAG Heuers schneller machen. Viel schneller. Das Ergebnis des eigens dafür gebauten Forschungslabors war die Mikrograph 100. Der hübsche Chronograph verfügt über eine 50 Hz-Chronographenhemmung, die Messungen von 1/100-Sekunden ermöglicht.
Betätigt man den Stoppsekundenzeiger der Mikrotimer Flying 1000, so traut man im ersten Moment seinen eigenen Augen nicht: Bei einer Frequenz von 500 Hz führt der Stoppsekundenzeiger nämlich zehn Umdrehungen pro Sekunden durch, was das Messen einer Tausendstelsekunde erlaubt. Was man mit dieser Uhr messen kann? Nun, in einer 1/1000-Sekunde fährt ein F1-Rennwagen bei Höchstgeschwindigkeit etwa 10 Zentimeter, während ein Überschallflugzeug bei Schallgeschwindigkeit ganze 33 Zentimeter zurücklegt. Ziemlich praktisch für den Alltag also.
Je höher die Frequenz, desto höher das Verschleiß, den sie nach sich zieht. Um die Grenzen des physikalisch Möglichen dennoch etwas auszuweiten, hat sich die Luxusuhrenschmiede De Bethune im Jahr 2011 etwas einfallen lassen. Durch die Synchronisation zwischen einem akustischen Resonator sowie einem magnetischen Hemmungsrotor konnte die Marke ein vollkommen geräuschloses System konzipieren, welches frei von Unruh, Unruhspirale oder traditioneller Hemmung operiert. Prototypen konnten somit eine Oszillationsfrequenz von 626 Hz erreichen.
926 Hz sind bereits exorbitant, doch mit dieser Technologie hat das Forschungs- und Entwicklungslabor von De Bethune den Weg für Frequenzen geebnet, die eines Tages astronomische Höhen von bis zu 20.000 Hz erreichen könnten.
Auch den Spitzenplatz in dieser Liste nimmt TAG Heuer ein und beweist eindrucksvoll, warum die Marke wie keine zweite für den modernen Sportchronographen steht. Nach der Mikrograph 100 (50Hz) und der Mikrotimer 1000 (500 Hz), die beide noch mit mehr oder weniger konventionell wirkenden Unruhen mit Ankerhemmung operieren, wollte Guy Sémon noch einen draufsetzen. 2012 folgte also das Modell Mikrogirder.
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Interessanter Artikel, danke dafür! Es gibt übrigens auch eine Mikrogirder 2000.
Dass die ganzen TAG Heuer-Modelle allesamt wieder eingestellt wurden, zeigt allerdings auch, dass für derartige Technologien (noch) kein Bedarf besteht. Die Herstellung ist extrem aufwendig, zeit- und kostenintensiv und somit für den Endkunden ein Problem. Für’s “flexen”, was man im R&D-Bereich drauf hat, reicht es sicherlich, aber einen Markt für solche Uhren sehe ich nicht.
Wenn ich mich nicht irre, war die Compteur de Tierces letztes Jahr auf der Baselworld ausgestellt am Louis Moinet-Stand.
Wusste nur leider damals nicht, was ich da vor den Augen hatte, aber sehr beeindruckend auf alle Fälle.