Rien ne va plus – Gestern schloss die Baselworld 2013 ihre Pforten. Wenn die Messebauer dieser Tage die Ausstellerstände abbauen, ist für die Veranstalter und Hersteller Zeit, Bilanz zu ziehen.
In der diesjährigen Ausgabe der weltweit größten Uhrenmesse standen einige aufsehenerregende Premieren zu Buche. Die Hersteller überzeugten mit beeindruckenden Modellneuheiten und fortschrittlichen technischen Innovationen. Mit der von Herzog & de Meuron entworfenen Haupthalle hat die Branchenschau außerdem so etwas wie ein Wahrzeichen erhalten.
Auch was die nackten Zahlen angeht, hat die Veranstaltung alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt: 1460 Aussteller aus 40 Nationen zogen die Besucher in ihren Bann. Hinsichtlich der Anzahl der Messegäste konnte man einen Rekordwert erzielen: 122.000 Facheinkäufer und Uhrenfans waren dieses Jahr anwesend, nach Adam Riese um satte 17% mehr als im Vorjahr. Dass der ein oder andere fälschlicherweise einen Besucherrückgang ortete, lag wohl daran, dass sich die Menschenmassen aufgrund der Erweiterung des Areals auf eine größere Fläche verteilten.
Auf der Baselworld findet man natürlich auch Uhren-Aficionados. Doch bekommt man den Eindruck, dass es mehrheitlich Vertreter und Händler mit Aktenkoffer sind, die der Veranstaltung einen Besuch abstatten. Erst am Wochenende verschiebt sich dieser Business-Überhang ein wenig hin zu privaten Messebesuchern, deren Visite einzig und allein dem Enthusiasmus für hochwertige Zeitmesser geschuldet ist.
Bei der Standortwahl der weltweit größten Uhrenmesse fällt der Apfel nicht weit vom Stamm: Am nördlichen Rand des Schweizer Jura-Gebirges gelegen, findet die Baselworld unweit des Vallée de Joux, dem Mekka der Uhrenindustrie, statt. Gleichzeitig liegt der Standort Basel nahe der deutschen und französischen Grenze. So kurz die Wege sind, so zahlreich und international sind schließlich die Besucher.
Zwei Uhrenmodelle zogen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ganz besonders auf sich: Die Girard-Perregaux Constant Escapement, über die wir bereits in unserem Beitrag Auf nach Basel! berichteten, und die Hublot „LaFerrari“. Erstere sorgte mit einer Hemmung für Aufsehen, welche das Räderwerk gleichmäßig mit Energie versorgt und somit eine mit fortlaufender Dauer abnehmende Spannung des Federhauses kompensiert.
Diese Weiterentwicklung der klassischen Ankerhemmung setzt neue Maßstäbe auf dem Gebiet der Ganggenauigkeit und lässt die Uhrmacherei neue Wege beschreiten. Die Hublot „LaFerrari“ besticht hingegen mit einer unglaublichen „Langatmigkeit“. Für sagenhafte 50 Tage versorgen die 11 Federhäuser das Uhrwerk mit ausreichend Spannung, um die Uhr ohne weitere Energiezufuhr laufen zu lassen. Mit diesem Fabelweltrekord wurde die alte Gangreserve-Bestmarke gleich um 20 Tage übertroffen.
Der Preis für den auf lediglich 50 Stück limitierten Zeitmesser steht noch nicht fest, doch dass die Preise von Luxusuhren nach oben hin keine Grenzen kennen, ist gemeinhin bekannt. Für den großen Uhrenfan mit schmalem Geldbeutel sind es bei der Baselworld fast schon Tantalusqualen, die an den Glasvitrinen erduldet werden müssen. So nah und doch so fern ist das ein oder andere Ausstellungsstück. Preise werden zwar keine angeführt, doch bei vielen Modellen würden die Finger an einer Hand nicht ausreichen, um die Stellen vor dem Komma abzuzählen.
Die Hersteller lassen sich ihren Auftritt bei der Messe einiges kosten. Schon bei kleinen Ständen liegen die Messebudgets im sechsstelligen Bereich. Allein die Markenpräsentation im schon nach wenigen Tagen vergriffenen Brand Book liegt bei rund 15.000 Euro. Für die meisten Marken dürfte sich der Auftritt zwar rechnen, doch einige bekannte Namen haben der Baselworld zuletzt bereits den Rücken gekehrt. So sind unter anderem die Richemont-Marken Jaeger-LeCoultre, Cartier, A. Lange & Söhne und IWC nicht mehr mit von der Partie. Von willkürlichen Geschäftsbedingungen für Partnerfirmen und Wucherpreisen für die Aussteller war die Rede. Zu teuer die Standmiete, zu ungünstig die Konditionen, lautete der an die Veranstalter adressierte Vorwurf von Richemont.
Da man als Branchenriese nicht nach der Pfeife anderer tanzen wollte, wanderte man schließlich nach Genf ab, um dort mit der SIHH eine eigene Veranstaltung stattfinden zu lassen. Auch wenn die meisten Prestigemarken weiter mit im Boot sind und die Gegenveranstaltung hinsichtlich Besucher- und Umsatzzahlen abgeschlagen hinterherhinkt, ist dies ein herber Verlust für die größte Uhrenmesse der Welt. Ohne Zweifel, für die Veranstalter war 2013 ein guter Jahrgang. Nachdem die Hochglanzfassade in der jüngeren Vergangenheit leichte Kratzer abbekommen hatte, konnte man dieses Jahr wieder ein Glanzlicht setzen.
Aus Sicht der ausstellenden Fabrikanten lässt sich der Messeerfolg zwar nicht direkt an den Besucherzahlen ablesen, doch nicht nur die Veranstalter, sondern auch die großen anwesenden Namen äußerten sich durchwegs zufrieden mit dem Geschäftsverlauf. Für sie ist entscheidend, welche Kontakte man knüpfen konnte und wie die vorgestellten Modellneuheiten von Facheinkäufern sowie der breiten Öffentlichkeit angenommen wurden. Ob sich die Baselworld 2013 auch für die unbekannteren Hersteller lohnte, lässt sich nicht zuletzt an deren (Nicht-)Teilnahme im nächsten Jahr feststellen, denn nicht jedes Kaliber erreicht dasselbe Trägheitsmoment.
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