Eine Uhr ist ein technisches Wunderwerk, aber vor allem muss sie ihrem Träger gefallen. Den Grundsatz, dass technische Elemente in das Design integriert werden können, wurde von kaum einem anderen so verinnerlicht wie vom im Jahr 2011 verstorbenen Uhrendesigner Gérald Genta. Auf seinem Reißbrett entstanden die wegweisenden Entwürfe der Royal Oak von Audemars Piguet und der Nautilus von Patek Philippe, dabei entwarf er noch zahlreiche weitere Uhrenikonen, die auch noch nach Jahrzehnten nicht aus der Welt der Luxusuhren wegzudenken sind.
„Außen Stahl und innen Gold“ lautete ein Slogan, der die Erfolgsstory der Royal Oak treffend beschreibt. Die Lancierung der Royal Oak im Jahr 1972 sollte nicht nur die Firmenhistorie von Audemars Piguet, sondern die Uhrengeschichte überhaupt nachhaltig prägen. Sie gilt für viele als die erste wirkliche Luxussportuhr und ihr Design ist heute wie damals stilprägend. Neben der Royal Oak sind auch der Entwurf der IWC Ingenieur, der Vacheron Constantin 222 und der Cartier Pasha dem kreativen Schaffen Gérald Gentas zu verdanken. Später verschrieb er sich vornehmlich seiner eigenen Uhrenmarke, die er bereits im Jahr 1969, also 3 Jahre vor der Lancierung der Royal Oak, gegründet hatte.
Als Basis des Entwurfs der Royal Oak dient eine achteckige Grundzeichnung. Auch im Falle der Nautilus sollte ein Achteck den Ausgangspunkt darstellen, hier allerdings mit fließenden Übergängen zwischen den Ecken, die das Gehäuse in viereckiger Form mit abgerundeten Kanten erscheinen lassen. Ein wesentliches Charakteristikum eines Genta-Designs sind die zum Gehäuse hin deutlich breiter werdende Metallarmbänder, wodurch die Entwürfe insgesamt bulliger wirken und die Gehäuse mit ihren präsenten Lünetten noch stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Übergang von Gehäuse zu Armband ist meist sehr direkt und harmonisch, auf”hörnerartige” Bandanstöße wird oft verzichtet. Das Armband besteht häufig aus lamellenartigen Metallgliedern, die nach innen hin versetzt sind und in einem matt-glänzenden Oberflächenmix in Erscheinung treten.
Vor allem aber ist es das Sichtbarmachen von Schrauben, Schraubenmuttern und Nieten, was das Design von Gérald Genta auszeichnet. Das was davor versiegelt, abgedeckt oder zumindest nur an der Gehäuseunterseite zu finden war, stellte plötzlich den Mittelpunkt des Designs dar und setzte damit einen unverkennbaren Akzent. Bekanntestes Beispiel hierfür ist wohl die prominente Platzierung von Schraubenköpfen auf der Lünette der Royal Oak, welche eine wahre Trendwende in der Gestaltung von Luxusuhren herbeiführte. Seit dem Wirken von Gerald Genta wird dem Produktdesign einer Uhr und seinem kreativen Schöpfer erst so richtig Beachtung geschenkt. Seine persönliche Handschrift war dabei stets erkennbar.
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