Mit dem Image ist es so eine Sache. Einmal vorhanden, lässt es sich nur schwierig wieder loswerden. Aber Seiko scheint nun endlich genug von der Rolle des günstigen Uhrenherstellers aus Fernost zu haben. Jetzt soll außerhalb Japans auch endlich jeder begreifen, was Seiko eigentlich ist: Feinste Uhrmachertradition mit echten Luxusuhren, die insbesondere der Konkurrenz aus der Schweiz in nichts nachstehen.
Wer sich ein bisschen mit Uhren auskennt, wird dieser Selbsteinschätzung nicht widersprechen wollen. Doch der Erfinder des Spring-Drive-Kalibers und der legendären Snow Flake ist eben auch Hersteller millionenfacher, günstiger Quarzuhren für die Kaufhäuser dieser Welt. Insofern darf man das bemängelte Image durchaus als hausgemacht ansehen. Die breite Masse der Kunden sind nun mal keine Uhren-Enthusiasten, die jenseits des direkt sichtbaren Angebots tiefer in das Wesen der Marke Seiko eintauchen. Doch dies soll sich nun ändern.
Den ersten Schritt machte man in den USA. Dort begann man 2018, das Geschäft auf den Luxusbereich, also Grand Seiko, zu konzentrieren und gründete zu diesem Zweck die Grand Seiko Corp. of America (GSA). Damit verbunden war auch das Ziel, die eigenen Luxusuhren preislich noch etwas höher zu platzieren, und zwar eher im Bereich 7.000 US-Dollar. Gleichzeitig will man kleine gehobene Kollektionen der Presage- und Prospex-Kollektion vertreiben. Auch sie sind Teil von Seikos Global-Brand-Strategie, um international mehr in den Luxusbereich zu gelangen. Die Idee ist, dass diese Kollektionen das Image von Seiko als preisgünstige Marke für den Massenmarkt hin zu dem verändern, was man nach eigenem Selbstverständnis ist: Eine vollwertige Uhrenmanufaktur, die alle ihre Uhren, Uhrwerke und Uhrenteile, einschließlich der Spiralfedern, selbst herstellt. Und das eben seit 1895 – mit der ersten Armbanduhr im Jahr 1913. Der Plan scheint soweit aufzugehen: Inzwischen befindet man sich im Bereich zwischen 5.000 und 10.000 US-Dollar unter den zehn meistgekauften Uhren-Herstellern in den USA.
Die in den USA angestoßenen Veränderungen sind Teil eines langfristigen Plans: In der Folge sollen die Uhren aus dem Hause Seiko auf den globalen Märkten aggressiv mit Schweizer Marken um Marktanteile konkurrieren, so wie sie es ja auch schon in Japan tun. Dort gehört Grand Seiko zu den fünf meistverkauften Luxusuhrenmarken. Dem Kunden soll die bedeutende Geschichte Seikos nun endlich bewusstwerden, um dann auch die ganze Marke im neuen Licht zu sehen.
Ein weiterer Aspekt betrifft die emotionale Komponente. Seiko sieht sich als Vertreter japanischer Handwerkskunst und japanischen Designs. Genau dieses spezifisch „Japanische“ will man betonen, um sich von den Schweizer Uhren abzugrenzen. Gerade Grand Seiko soll den japanischen Sinn für Ästhetik verkörpern.
Alle diese Überlegungen bergen laut Seiko ein riesiges Potenzial für die Marke – ein Potenzial, das eigentlich schon immer bestanden habe, aber nie richtig ausgeschöpft wurde. Nun sei die Zeit hierfür gekommen.
Die Pläne Seikos könnten auch durch eine eigens in Auftrag gegebene Studie beeinflusst worden sein. Externe Berater kamen zu dem Schluss, Seiko könne seine ursprünglich dominierende Stellung im mittleren Preissegment nicht zurückgewinnen, sondern solle sich eher nach oben orientieren. Die Probleme im mittleren Segment resultierten aus der harten Konkurrenz mit Citizen und Bulova, sowie einiger Modemarken der Citizen Group. Hinzukam die Zunahme des E-Commerce durch neue Produkte wie Apple Watch und Wearables. Die Schwierigkeiten durch sinkende Umsätze der Massenhändler und Kaufhäuser wurden dann auch zu Seikos Problem. Doch eine Marke nach oben zu korrigieren ist marketingtechnisch eine äußerst schwierige Aufgabe. Denn der Name Seiko muss ja vorerst auf den Zifferblättern bleiben und da kommt eben das bisherige Image wieder ins Spiel.
Wer die Kommentarspalten und Forenbeiträge zu hochwertigen Uhren von Seiko durchforstet, stößt auf ein immer wieder kehrendes Phänomen: Breite Anerkennung, aber oft der Einschub, dass man nicht so viel Geld ausgeben wolle für eine Zifferblatt, auf dem „Seiko“ stehe.
Dies ist aber eher ein Zeichen für die eigene Marken-Fixiertheit als eine Aussage über das Preis-Leistungs-Verhältnis der Uhren von Seiko. Seiko setzt nun alles daran, dass in Zukunft der „Seiko“-Schriftzug auf dem Zifferblatt ein weiteres Argument für die Zeitmesser aus Japan wird.
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