Die ältesten Uhrenmarken der Welt (und diese Sache mit Effizienz und Innovation)

By Montredo in Lifestyle
Juli 30, 2021
Die ältesten Uhrenmarken der Welt (und diese Sache mit Effizienz und Innovation)

Q: “Alter ist keine Garantie für Effizienz.” 
Bond: “Und Jugend ist keine Garantie für Innovation.”

Der ein oder andere mag das Zitat aus dem James Bond-Film Sykfall kennen. Die Szene spielt sich in der National Gallery Londons ab und zeigt 007, wie er das Gemälde „The Fighting Temeraire“ von William Turner betrachtet. Dabei macht er erstmals Bekanntschaft mit seinem neuen Quartiermeister.

Innovation ist auch so ein Ding in der Uhrenindustrie. Während nämlich viele geschichtsträchtige Maisons mächtig stolz auf ihre lange Historie sind, tun sich gefühlt immer häufiger die jungen Wilden hervor, die mit neuen Technologien, Materialien oder einfach nur Strategien aufwarten und somit wirklich die Industrie nach vorne bringen. Doch stimmt das wirklich – und ruhen sich die großen Platzhirsche tatsächlich nur auf ihren Lorbeeren aus?

Dieser Frage wollen wir im folgendem Artikel nachgehen. Wir werfen daher einen kurzen Blick auf die ältesten Uhrenmarken der Welt und schauen, inwiefern sie heute noch in puncto Innovationskraft und Ideenreichtum mitmischen können.

Nummer 4: Breguet – Paris (1775)

Breguet wurde bereits 1775 in Paris gegründet, wenngleich die Marke heute die Schweiz ihr Zuhause nennt. Gründer und Namensgeber war niemand geringeres als Abraham Louis Breguet, der gewissermaßen als „Daniel Düsentrieb der Uhrmacherei“ bezeichnet werden kann.

Breguet Uhr
1801 meldete Abraham-Louis Breguet den revolutionären Tourbillon-Mechanismus zum Patent an.

Man kann nur darüber mutmaßen, wie die Uhrenindustrie heute ohne die Erfindungen dieses Ausnahmetalentes aussähe – man denke nur an die Parachute-Stoßsicherung, das Tourbillon oder aber die Breguetspirale. Die meisten haben aber bis heute keinen Funken an Bedeutung verloren und gelten nach wie vor als das Maß aller Dinge.

Nummer 3: Vacheron Constantin – Genf (1755)

Zwanzig Jahre zuvor eröffnete ein junger Uhrmacher namens Jean-Marc Vacheron zusammen mit einem Lehrling in Genf eine Werkstatt, die den Grundstein für die heutige Uhrenmarke Vacheron Constantin legte. Die Manufaktur gehört heute unter Kennern und Uhrenfans (neben Patek Philippe und Audemars Piguet) zur so genannten Holy Trinity, was der Marke herausragende Qualität und erstklassige Handwerkskunst attestiert.

Vacheron Constantin Overseas
Die Overseas-Kollektion kommt in vielen Ausführungen und Farben.

Vacheron Constantin gehört heute zur Richemont-Gruppe, der u.a. auch Marken wie IWC, A. Lange & Söhne und Cartier angehören. Neben der eleganten Patrimony-Reihe gelten insbesondere die sportlicheren Overseas-Modelle (s. Bild oben) als Objekte der Begierde, die Jahr für Jahr schwieriger zu erwerben werden.

Nummer 2: Favre-Leuba – Le Locle (1737)

Favre-Leuba ist zugegebenermaßen weitaus weniger bekannt als die beiden Schwergewichte Breguet und Vacheron Constantin. Dabei blickt die zweitälteste Uhrenmarke der Schweiz, 1737 von einem Uhrmacherlehrling im Uhren-Mekka Le Locle gegründet, auf eine beeindruckend lange Geschichte zurück. Ihre Hochphase erreichte die Marke zu Beginn der 60er-Jahre, geriet aber schon kurz darauf in Schieflage und fiel letztlich der Quarzkrise zum Opfer.

Favre-Leuba Watches
Die Marke gehört mit Fug und Recht zu den Pionieren der Schweizer Uhrenindustrie.

Der aktuelle Besitzer ist die indische Titan Company (die wiederum zur milliardenschweren Tata-Group gehört), jedoch scheint auch diese alles andere als zufrieden mit der Performance zu sein: Letztes Jahr drehte sie den Geldhahn zu und wies die Schweizer Marke an, sämtliche Tätigkeiten vorerst zu drosseln ­– zumindest solange rote Zahlen geschrieben werden.

Nummer 1: Blancpain – Villeret (1735)

Jehan-Jacques Blancpain gründete im Jahr 1735 die Schweizer Uhrenmanufaktur Blancpain, was sie zur ältesten der Welt macht. Dabei ist es jedoch wichtig zu wissen, dass es einen entscheidenden Unterschied zur Marke Vacheron Constantin gibt, die sich selber übrigens auch als „älteste Uhrenmanufaktur der Welt“ tituliert. Während VC auf inzwischen über 265 Jahre ununterbrochene Produktion zurückblicken kann, war Blancpains Weg nicht immer so einfach.

Blancain Fifty Fathoms Switzerland
“Seit 1735 gibt es bei Blancpain keine Quarzuhren. Es wird auch nie welche geben.” – Blancpain

Im Zuge der Quarzkrise musste Blancpain nämlich für einige Jahre die Pforten schließen. 1982 war es dann Jean-Claude Biver, der das Unternehmen für fast schon läppische 22.000 Franken übernahm. Er vollbrachte es, das angestaubte Image aufzupolieren und Blancpain erneut in einen florierenden Luxusuhren-Hersteller zu transformieren (ehe er die Marke zehn Jahre später für 60 Millionen Franken an die heutige Swatch Group verkaufte). Insbesondere die Fifty Fathom (Bathyscaphe)-Modelle sind heute große Verkaufsschlager.

Aber wer sind nun die Innovatoren?

Der Begriff der „Innovation“ kann in der in der Uhrenindustrie aus vielen Winkeln betrachtet werden: das fortschrittlichste Gehäusematerial, die zukunftsorientierteste Vertriebsstrategie oder die raffiniertesten Marketing-Strategien. Doch wer kann dieses Rennen für sich entscheiden: die Newcomer oder die Platzhirsche?

Nun ja, die Frage ist pauschal gar nicht so einfach zu beantworten, da sie höchst subjektiv ist. Während für die einen die letzte wirkliche Innovation in der Uhrenindustrie die Einführung der Spring Drive-Technologie im Jahr 2004 war, sind für andere wiederum IWCs neue TimberTex-Uhrenarmbänder auf Papierbasis der neueste Game Changer.

Frédérique Constant Slimline Monolithic Manufacture Watch
Mit 288.000 A/h (oder 40 Hz) oszilliert Frederique Constants Silizium-Monolith anstelle einer Unruh.

Bei einer Sache dürfte allerdings weitestgehend Konsens herrschen: Die vier hier vorgestellten Marken gehören nicht dazu. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass die Uhren auch nur ansatzweise minderwertig wären, ganz im Gegenteil. Doch wenn es von wirklichen Innovationen sprechen, müssen die vier hier genannten Marken wohl über übel anderen das Feld überlassen. Instinktiv kommen uns dafür Marken wie H. Moser & Cie, Hublot, Zenith, De Bethune, Richard Mille, Ulysse Nardin oder Piaget in den Sinn, um nur einige zu nennen.

Welche Marken gehören für dich dazu?


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Vorherige Kommentare (5)

  1. Interessantes Thema, aber in der Tat schwierig zu beantworten. Man könnte vielleicht zwischen Mikro- und Makro-Innovationen unterschieden. Wobei ich prinzipiell auch finde, dass die wirklich großen Marken (nicht nur die 4 ältesten, sondern auch Breitling, JLC, Rolex, Omega,…) zu wenig machen. Oftmals sind es lediglich neue Zifferblatt-Farben oder Neuauflagen. Zudem kann man Innovationen (insbesondere ohne beachtliches Budget) nicht einfach aus dem Boden stampfen, aber “innovieren um zu innovieren” kann auch nicht das Ziel sein.

    Am sympathischsten sind mir Innovationen kleinerer Marken, die nicht das Rad neu erfinden, sondern bestehende Elemente (Schließe, Lünette, Armand etc.) verbessern. Ich denke da an Marken wie Sinn oder Formex mit der Trockenheitskapsel oder Gehäusefederung.

    Juli 30, 2021
  2. Ich unterteile für mich immer in “Marketing-Innovationen” und “echte Innovationen”. Meinetwegen kann Hublot oder IWC die 28. neue kratzfeste, superleichte Gold-Keramik-Titan-Legierung herstellen, aber das macht den Kohl auch nicht fett. Die letzten zwei wirklich relevanten Themen, die in den letzten 20 Jahren etwas verändert haben, sind in meinen Augen die Verwendung von Silizium und Spring Drive.

    August 2, 2021
  3. Das verwundert mich nicht. Nur weil Blancpain seit 1735 existiert, heißt es ja nicht, dass sie direkt loslegt haben mit Innovationen etc. Viele der alten Marken haben sich ja gerade in den Anfangstagen primär auf externe Zulieferer verlassen und mehr oder weniger am Ende nur “zusammengebaut” (überspitzt gesagt). Da können schonmal ein paar Jahrzehnte ins Land gehen, bevor man einen bestehenden Status-Quo anfängt zu hinterfragen und stattdessen damit beginnt, selber zu entwickeln.

    August 5, 2021
  4. Für mich steht die (relative) Unabhängigkeit einer Marke im Vordergrund. Ob die betreffende Uhrenmanufaktur (alle) ihre Teile selbst konzipiert und herstellt, und somit innovativ und effizient neue Modelle (dank neuer Technik) entwickelt bzw. alte Modelle (durch neue Farben oder Formate) “auffrischt”. Ich möchte eine Uhr am Handgelenk tragen, die eine lange Tradition und eine besondere Handwerksfertigkeit aufweist, ohne aufzufallen – aber auch nicht altmodisch aussieht. Hierzu fällt mir vor allem die Marke Jäger-LeCoultre ein!

    August 8, 2021
  5. Blancpain ist für mich, trotz dem Unterbruch in den 1970 Jahre, wo mechanische Uhren allgemein nicht besonders gefragt waren, von den grossen alten Namen die sympathischste.

    Juni 21, 2022

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