Am 11. Juni 2013 wurde die wohl bedeutendste Uhr dieser Auktionssaison versteigert: Die Patek Philippe Grande Complication „Stephen Palmer“ erzielte in den New York Headquarters des Auktionshauses Christie’s ein Höchstgebot von mehr als 2,2 Mio. US-Dollar. Ganz schön viel Asche für eine Uhr. Und wohl dennoch nicht zu viel.
Die Ankündigung erfolgte fast schon mit dem Pathos eines Routineaktes. Doch beim Versteigerungsobjekt handelte es sich um ein ganz besonderes Stück Uhrengeschichte. Schließlich ging es mit der „Stephen Palmer“ um die allererste Grande Complication von Patek Philippe, für die ein Schätzwert von 1,5 Mio. Dollar veranschlagt worden war. „I take that with great pleasure”, sagte der Auktionator, als er ein Angebot für 1,8 Mio. Dollar entgegennahm. Doch noch war nicht Schluss bei der Ermittlung des Marktpreises. Noch einmal wurde auf die Besonderheit des zu ersteigernden Oeuvres verwiesen. Noch einmal wurden Liebhaber und Kapitalanleger, Private und Gewerbliche zum Weiterbieten ermutigt. Schließlich landete die Uhr für 1,9 Mio. Dollar unter dem Hammer.
Wenn man Aufgeld und Steuern hinzurechnet macht dies einen vom Auktionskäufer zu entrichtenden Gesamtpreis von sage und schreibe 2.251.750 Dollar (EUR 1.695.000). Zwar ist dies der höchste jemals erzielte Wert für eine Patek Philippe Grande Complication, doch vielleicht mag der eine oder andere interessierte Beobachter mit einem noch aufsehenerregenderen Höchstgebot gerechnet haben. Schließlich hat so manche vermeintlich weniger spektakuläre Uhr des Herstellers in der jüngeren Vergangenheit bereits höhere Gebote erzielt.
Jener amerikanische Privatsammler, der schließlich den Zuschlag erhielt, hat sich die Seite 1 eines Patek-Kapitels gesichert, von deren Existenz man lange nicht wusste. Bevor die Uhr bei Christie‘s auftauchte, ging man davon aus, die erste Grande Complication von Patek Philippe wäre erst im Jahr 1910 in Auftrag gegeben worden. Den beiliegenden Kaufdokumenten zur Stephen Palmer Grande Complication ist jedoch zu entnehmen, dass die hier vorliegende Uhr schon zehn Jahre davor an seinen Namensgeber verkauft und bereits im Jahr 1898 hergestellt wurde.
Die somit eindeutig als erste Patek Philippe Grande Complication identifizierbare Taschenuhr verfügt über einen Ewigen Kalender, Mondphasenkalender, Minutenrepetition mit Grande und Petite Sonnerie sowie einen Chronographen mit Rattrapante-Funktion. Bemerkenswert ist der einwandfreie Zustand der Uhr: Alle Teile sind original und haben das letzte Jahrhundert so gut wie unbeschadet überstanden. Auch die entsprechenden Zertifikate sind erhalten geblieben.
Dass gerade Patek Philippe aufgrund seiner Herstellung höchst komplizierter Uhrwerke Legendenstatus erlangte, macht diese Uhr umso geschichtsträchtiger und für Sammler zusätzlich interessant. Vergegenwärtigt man sich, dass das Exemplar aus einer Zeit stammt, in der – verglichen mit heute – deutlich weniger technische Hilfsmittel für die Produktion zur Verfügung standen, ist das mechanische Innenleben dieser Grande Complication umso bemerkenswerter. Erwähnenswert ist auch die Verwendung von 19-karätigem Roségold, welches für die damalige Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert ungewöhnlich war. Die meisten Werke hochwertiger Taschenuhren wurden zu jener Zeit in gelbgoldene Gehäuse gefasst.
Kein anderer Uhrenhersteller sorgt bei Lizitationen so häufig für Rekordgebote wie Patek Philippe. Die Liste der teuersten, jemals auf Auktionen ersteigerten Uhren ist geradezu übersäht mit Zeitmessern des Genfer Prestige-Herstellers. In den Top 10 finden sich nicht weniger als neun Uhren von Patek Philippe. Mit der Rekordsumme von 11 Mio. Dollar erzielte die „Supercomplication“ aus dem Besitz des berühmten Uhrensammlers Henry Graves den höchsten Preis, der je auf einer Versteigerung für eine Uhr ermittelt wurde. Sie verfügt über 24 Komplikationen und wurde ab 1928 über einen Zeitraum von fünf Jahren gefertigt.
Für Experten kommt es wenig überraschend, dass gerade die Zeitmesser von Patek Philippe für solch hohe Summen gehandelt werden. Für sie sind gerade die Grande-Complication-Modelle des Schweizer Herstellers überaus stabile Wertanlagen, bei denen man sich mitunter enorme Wertzuwächse erwarten kann. Grund dafür ist die Reputation des in Genf ansässigen Herstellers, welche untrennbar mit der Firmengeschichte und der ungemeinen Schöpfungskraft des Hauses Patek Philippe zusammenhängt.
Auch blieb man bis in die Gegenwart seiner Linie treu und setzt auf Kontinuität statt auf waghalsige Experimente. Laut Firmenchef Thierry Stern sind die Wertstabilität sowie die oftmals hohe Rentabilität ironischerweise nicht zuletzt auch auf eine konservative Preispolitik zurückzuführen. Im Gegensatz zu den mechanisch besonders aufwendigen Modellen vieler anderer Hersteller ließ man die für neue Uhren zu bezahlenden Beträge niemals ausufern und stellte somit nachhaltig sicher, dass die Preise nicht aufoktroyiert, sondern – wie im Falle der gestern versteigerten Stephen Palmer Grande Complication – von den Gesetzen des Marktes bestimmt werden.
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